Bis vor eineinhalb Jahren ergaben sich durch die Benennung von Vorstandsämtern ungewollte Hierarchien. Die Ämter der Beisitzer*innen und der Sprecher*innen erweckten den sprachlichen Eindruck eines Machtgefälles. Beisitzer*innen haben zuzuhören, Sprecher*innen zu bestimmen. Laut unserer Satzung waren und sind die Vorstandsmitglieder allerdings gleichberechtigt. Deshalb haben wir uns vor eineinhalb Jahren dazu entschieden, dieses Machtgefälle aufzulösen, indem wir die Ämter der Beisitzer*innen und Sprecher*innen mit Aufgabenbereichen gefüllt haben.
Durch die geschaffenen Aufgabenbereiche sollten die Arbeitsbereiche des Vorstands geschärft und die Abdeckung von Themenbereichen sichergestellt werden. Die Vorstandsmitglieder sollten sich dadurch zielgerichteter in einen Aufgabenbereich einarbeiten können. Für Mitglieder sollte es durch die geschaffenen Aufgabenbereichen erkenntlicher werden, welche Person für welchen Aufgabenbereich zuständig ist.
Es war uns von Anfang an bewusst, dass diese Satzungsänderung neben den vielen Vorteilen auch Nachteile mit sich bringen wird. Doch sie sollte auch nie das Allheilmittel, sondern immer der erste Schritt sein. Tatsächlich sind einige unserer ursprünglichen Bedenken eingetreten. Implizite Machtstrukturen sind deutlicher hervorgetreten und Ansprechbereiche verschwammen.
Doch anstatt diesen Problemen zu begegnen und Lösungen zu finden, würde man mit der Rückkehr zu einer klassischen Vorstandsstruktur vom einen in das andere Problem zurückwechseln. Natürlich bestehen in der gesellschaftlichen Ordnung immer Hierarchien. Aber unsere Strukturen sollten diese einhegen, anstatt sie zu bestärken. Mit diesem Änderungsantrag am Satzungsänderungsantrag stellen wir uns dieser Verantwortung.
In unserem Änderungsantrag wird Vernetzung eindeutig als Zuständigkeit festgeschrieben und dadurch der Eindruck vermieden, Sprecher*innen würde eine Leitungsfunktion zustehen. Dennoch ist Vernetzung ein machtvoller Aufgabenbereich. Um dominantes Verhalten von cis-männlichen Personen zu begrenzen und FINTA* Personen zu schützen, sollte dieser Aufgabenbereich an eine FINTA* Person vergeben werden. Sollte der Vorstand für diesen Aufgabenbereich eine geteilte Zuständigkeit für angemessen halten, ist auch eine quotierte Aufgabenverteilung möglich. Implizite Machtstrukturen verschwinden dadurch natürlich nicht, aber in jedem Fall treten sie in dieser Struktur weniger deutlich hervor als in der klassischen Vorstandsstruktur. Darüber hinaus soll der Aufgabenbereich Vielfaltspolitik die Stimme von marginalisierten Personengruppen stärken und impliziten Machtstrukturen etwas entgegenstellen.
In unserem Änderungsantrag wird dem Vorstand eine Berichtsfrist vorgegeben, um dem Problem von uneindeutigen Zuständigkeiten entgegenzutreten. Darüber hinaus werden die Aufgabenbereiche genauer beschrieben. Durch die Möglichkeiten der Erweiterung der Zuständigkeiten, der Änderung der Zuständigkeiten und der geteilten Zuständigkeiten können die Strukturen weiterhin auf aktuelle Umstände reagieren.
Damit adressieren wir in diesem Änderungsantrag am Satzungsänderungsantrag die offensichtlichsten Schwachstellen unserer derzeitigen Strukturen. Der Änderungsantrag ist sicherlich nicht der letzte Schritt und doch einer nach vorne, statt einer zurück.
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